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05. - 12. Juni 1758

Englische Truppen unter Marlborough in Cancale

Von 1756 bis 1763 erschütterte der Siebenjährige Krieg ganz Europa. England und Preußen einerseits und Frankreich, Österreich und Rußland andererseits standen sich mit ihren Truppen in unzähligen Schlachten gegenüber, die nicht nur unermeßliche Opfer forderten sondern die Kriegsparteien an den Rand des finanziellen Ruins trieben. Der preußisch - österreichische Dualismus mit dem beiderseitigen Bestreben um die Erlangung der Hegemonie über Deutschland war die eine Ursache des Krieges. Die andere lag in dem seit 1754 schwelenden englisch - französischen Kolonialkrieg, in dem die beiden großen Seemächte um die Vormachtstellung in Nordamerika, Kanada und Indien stritten.

Die von dem englischen Minister William Pitt in diesem Krieg gegenüber Frankreich verfolgte Strategie bestand unter anderem in der Zerstörung der französischen Flotte, so daß Saint Malo als größter französischer Hafen an der Kanalküste und Hauptumschlagsort für den Handel mit den Kolonien unweigerlich in sein Visier geraten mußte.

Am 4. Juni 1758, einem Sonntag, kreuzt eine englische Flotte von 115 Schiffen unter dem Oberbefehl des Admirals Howe vor der Küste von Saint Malo auf. Die Armada besitzt die Feuerkraft von über 3000 Kanonen und befördert eine starke Streitmacht, deren Größe zwischen 12000 und 17000 Soldaten angegeben wird, so daß kein Zweifel daran besteht, daß Saint Malo nicht nur von der See aus sondern auch von Land angegriffen werden soll. Die Invasionstruppen stehen unter dem Befehl von Charles Spencer, des dritten Duke of Marlborough.

Als Landeplatz für die Truppen wählen die Engländer die Bucht von Cancale, die nur wenige Kilometer von Saint Malo entfernt der feindlichen Übermacht kaum eine Verteidigung entgegen stellen kann. In der Nacht von Sonntag auf Montag ankert das englische Geschwader in dem Küstenabschnitt zwischen der Pointe de la Chaîne und dem Strand Abri des Flots. Während die Cancalaiser Bevölkerung in Panik ihre Häuser verläßt, um sich im Landesinneren in Sicherheit zu bringen, wird in Eile eine nur aus 600 Männern bestehende Verteidigungstruppe zusammengestellt, die unter dem Kommando des Comte de Landal und des Capitaine Avice steht.

Am Nachmittag des 5. Juni brechen die französischen Batterien auf der Pointe de Barbe-Brûlée und in La Houle unter dem Kugelhagel der englischen Schiffe zusammen. Die Verluste auf englischer Seite sind gering. Nur eine Fregatte erhält einen Treffer, ohne jedoch hierdurch versenkt zu werden.

Gegen 19 Uhr stürmen die ersten englischen Truppen die Küste. 4000 Soldaten besetzen Cancale.

Am Morgen des nächsten Tages folgen völlig ungehindert weitere Truppen. Allein das schlechte Wetter verhindert es, daß auch die schweren Kanonen an Land gebracht werden können, die die Engländer zur Eroberung von Saint Malo einsetzen wollen, und die ihnen bei den Operationen der folgenden Tage fehlen werden. Während sich die Hauptmacht der Engländer auf den Weg nach Saint Malo macht, errichtet eine Nachhut in Cancale Befestigungsanlagen, unter anderem auf der heutigen Place de la République. Ein anderer Teil der englischen Truppen bewegt sich in Richtung Dol.

Während am 7. Juni Marlboroughs Truppen bis nach Paramé, dem im Osten gelegenen Vorort von Saint Malo, vorstoßen können, versucht Admiral Howe vergeblich, in die Rance einzudringen, um bei Saint-Servan die noch immer auf den Schiffen befindlichen schweren Kanonen in Stellung bringen zu können. Wenngleich den Engländern dieses Unterfangen wegen des anhaltenden schlechten Wetters und dem Verteidigungsbeschuß durch die Kanonen von Saint Malo nicht gelingt, können sie doch die noch im Hafen liegenden Schiffe der Malouins in Brand schießen. Trotz der scheinbar ausweglosen Lage gelingt es Monsieur de la Châtre, der die malouinische Miliz mit dreihundert Mann und zwei Kompanien des Regiments de Boulonnais befehligt, und vor allem dem Chevalier d'Ars, der das Kommando auf der einzigen in der Rance befindlichen Fregatte hat, den englischen Vorstoß zu verzögern. Am 8. Juni erhalten die Verteidiger von Saint Malo Verstärkung durch den Duc D'Aiguillon, dem es mit einigen Dragonern gelingt, von Dinard aus in die Stadt zu gelangen.

Nachdem auch weitere Versuche, die schweren englischen Geschütze an Land in Stellung zu bringen, scheitern, beschließt Howe, seine Armada wieder in die Bucht von Cancale zu steuern, um von hier aus weiter zu operieren. Ein Trupp von 2500 Mann fällt am 9. Juni in Dol ein.

Der folgende Tag, Samstag, der 10. Juni, bringt endlich die von den Franzosen ersehnte Unterstützung durch eine Vorhut der Truppen aus Pontorson und Châteauneuf. Marlborough zieht sofort seine Kräfte aus Saint-Servan und Paramé ab, um sie sich in Richtung Saint-Coulomb, wo sie sich zunächst verschanzen, und später weiter nach Cancale zurückziehen zu lassen. Der Duc D'Aiguillon und der Compte d'Aubigny setzen den Engländern sofort mit einer bunt gemischten Truppe von Milizen, Infanteristen, Soldaten der Küstenwache und Dragonern, die sich bei Paramé formieren, nach. Insgesamt beträgt die Zahl der Verfolger kaum mehr als 1710 Mann. Die Verstärkung, die noch immer nicht aus der Normandie und den großen bretonischen Garnisonen von Lorient und Brest sowie aus Dinan eingetroffen ist, läßt weiter auf sich warten. Dennoch scheinen die Engländer ihr Vorhaben aufgegeben zu haben. Gegen Mitternacht kehren die ersten englischen Soldaten vom Strand von Cancale aus auf ihre Schiffe zurück, während der Rückzug der Hauptmacht Marlboroughs in Richtung Cancale andauert.

Der Sonntag bringt schwere Unwetter, die zu Verzögerungen bei der Einschiffung der weiteren englischen Truppenteile in Cancale führen. Auch die englische Nachhut beginnt nun, sich von Saint-Coulomb nach Cancale zurück zu ziehen. Das schlechte Wetter dauert auch am Montag noch an. Als D'Aubigny erfährt, daß die Engländer wegen der Stürme nicht einschiffen können, gönnt er seinen erschöpften Truppen eine Pause, statt den Marsch in Richtung Cancale fortzusetzen. Dann jedoch wird durch einen französischen Matrosen, dem als Gefangener die Flucht von einem englischen Schiff gelungen ist, bekannt, daß der Rückzug der Engänder schneller voran geht, als man dachte. Sofort wird die Verfolgung wieder aufgenommen. Doch die Franzosen kommen zu spät in Cancale an, um den Feinden noch Schaden zufügen zu können. Kaum mehr als zwei Stunden vor ihrem Eintreffen haben die letzten Engländer am 12. Juni den Strand von Cancale verlassen.

Die Gefahr aber ist noch nicht endgültig gebannt. Noch drei Tage lang bleibt die englische Flotte in der Bucht vor Cancale liegen. Ob dies eine bloße Machtdemonstration darstellen sollte, oder ob Howe und Marlborough einen erneuten Einfall planten, bleibt ungeklärt. Erst am 16. Juni beginnt der Rückzug ihrer Armada von der französischen Küste.

Wenngleich die Eroberung von Saint Malo somit letztlich abgewehrt werden konnte, stellte das Unternehmen einen Erfolg für die Engländer und eine empfindliche Niederlage für die Franzosen dar. Unter dem Beschuß der Engländer gingen 33 französische Kriegsschiffe und 70 Korsaren- und Handelsschiffe verloren. Hinzu kamen die materiellen Verluste an Land und natürlich die bei dem Einfall getöteten Soldaten und Zivilisten. Die Engländer hingegen hatten nur 30 Verletzte und Verwundete zu beklagen. Hätte das schlechte Wetter es nicht verhindert, daß die Engländer ihre schweren Geschütze an Land bringen konnten, um hiermit das Feuer auf Saint Malo zu eröffnen, wäre die Bilanz des Überfalls für die Franzosen sicher noch schlimmer ausgefallen.

 


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