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17. Mai 1654

Der erste englische Überfall auf Cancale

Fast das ganze 17. Jahrhundert ist geprägt von den gegenseitigen Überfällen französischer und englischer Korsaren auf die Handelsschiffe des jeweils anderen Landes. Der Hafen von Saint Malo beherbergte in dieser Zeit wie auch im folgenden Jahrhundert die gefürchtetste Korsarenflotte an der bretonischen Kanalküste. So wundert es nicht, daß die Engländer ihrerseits versuchten, durch gezielte Schläge gegen die bretonischen Küstenstädte vorzugehen.

Am 17. Mai 1654 kreuzten vor Cancale 18 englische Kriegsschiffe auf, deren Matrosen am Strand der Stadt landeten. Ist auch die genaue Absicht der Engländer, die mit diesem Unternehmen verbunden war, ungewiß, dürfte sie jedenfalls nicht ernsthaft darin bestanden haben, von Cancale aus gegen Saint Malo vorzuziehen, um diese Stadt anzugreifen. Hierfür hätte es stärkerer Truppen und vor allem schwerer Waffen bedurft, wie sie ein Jahrhundert später im Jahr 1778 gegen Cancale und Saint Malo an Land gesetzt wurden. Näher liegt die Annahme, daß die Engländer lediglich einen kurzen Raubzug in Cancale und der Umgebung der Stadt planten, um sich hierdurch für die unzähligen Kaperungen ihrer Handelsschiffe durch die französischen Korsaren zu revangieren.

Welchen Schaden die englischen Matrosen bei dieser Aktion anrichteten, ist nicht genau überliefert. Stattdessen berichten zeitgenössische Quellen stolz davon, daß innerhalb kürzester Zeit mehr als 5000 bewaffnete Männer den Cancalaisern zu Hilfe geeilt seien, um die Engländer auf ihre Schiffe zurück zu treiben. Dabei seien zwei der englischen Schiffe, die bei Ebbe hilflos im Watt gelegen hätten, eingenommen worden.

Mit ersichtlicher Genugtuung kommentierte Cardinal Mazarin den Sieg über die Engländer in einem Brief vom 24. Mai 1654 wie folgt:

"Nous venons d’avoir advis que dix-huit vaisseaux anglois, s’estant approchez des costes de Normandie, avoient mis des gens à terre en un lieu appelé Cancale, pour ravager le pays. A la verité, l’on peut dire que nous avons tiré l’antidote du venin mesme, puisque en un instant il est accouru plus de cinq mille hommes armez, qui ont obligé ces gens-là de s’en retourner plus viste qu’ils n’estoient venus …"

(Zitiert nach: Collection de documents inédits sur l'histoire de France, Première série, Histoire politique; Lettres du Cardinal Mazarin pendant son ministère, recueillies et publiées par M. A. Chéruel, Tome VI., Paris 1890)

Die in den Quellen angegebene Zahl von mehr als 5000 Bewaffneten, die in so kurzer Zeit aus der Umgebung zusammengezogen worden sein sollen, mag zweifelhaft hoch erscheinen. Gleichwohl steht fest, daß die Cancalaiser bei diesem ersten Einfall englischer Truppen noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen waren und der Sieg auf ihrer Seite war. Was blieb, war dennoch die Erkenntnis, daß bei einer besseren Planung und einem stärkeren Angriff Cancale leicht ein Opfer künftiger Überfälle werden konnte, besaß es doch in der Mitte des 17. Jahrhunderts kaum Verteidigungsanlagen.

 

Die Befestigung der Küste von Cancale im späten 17. Jahrhundert

Vauban, der große Festungsbaumeister unter Ludwig XIV., verstärkte in der Folgezeit nicht nur die Verteidigungsanlagen von Saint Malo sondern besuchte im Jahr 1689 auch Cancale und seine Küstenabschnitte. Das Resüme seiner Exkursion war die Feststellung, daß die Buchten von Port-Mer, Port-Pican und Port-Briac besonders geeignete Landeplätze für feindliche Truppen darstellen würden, weshalb die dortigen Verteidigungsanlagen, verstärkt werden müßten. Auf Vaubans Anregung hin sollte die Schanze in Port-Mer vergrößert und mit neuen Palisaden ausgestattet und auf der Pointe de Barbe-Brûlée eine Batterie mit 4 Kanonen errichtet werden. Ferner sollten bei Port-Pican auf der Pointe du Chatry 6 Kanonen in Stellung gebracht werden. Schließlich forderte Vauban den Ausbau der schon vorhandenen Schanze am Strand von Port-Briac und vor allem die Aufstellung einer bewaffneten Einheit von 800 Mann zum Schutz der Strände von Cancale.

Erst im Jahr 1695 wurden die nötigen Mittel von 10000 Livres für die Verstärkung der Verteidigung von Cancale vom König bereitgestellt. In La Houle wurde ein Fort errichtet, daß jedoch schon im Jahr 1735 einem Orkan zum Opfer fiel. Auf der Pointe de la Chaîne, in Port-Briac, auf der Pointe du Chatry bei Port-Picain und auf der Pointe de Barbe Brûlée bei Port-Mer wurden Batterien errichtet. Eine weitere Batterie befand sich oberhalb des Strandes von Le Verger.

(Die Befestigungsanlagen zwischen Port Briac und der
Pointe de Barbe Brûlée auf der Carte Cassini im 18. Jahrhundert.)
(Die Befestigungsanlagen an der Anse du Verger
auf der Carte Cassini im 18. Jahrhundert.)

Insgesamt waren damit 38 Kanonen an der Küste von Cancale in Stellung gebracht worden. Daß diese beeindruckende Anzahl im Zweifel einen groß angelegten Angriff nicht abzuwehren vermochte, wird sich ein halbes Jahrhundert später beim Angriff im Juni 1758 zeigen.

 


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